Theodor Fontane (1818 – 1898)
Der Alte Fritz – na ja
Darf ich mich vorstellen? Theodor Fontane, geboren im Jahre 1819 zu Neuruppin. An der Schreibweise meines Namens können Sie erkennen, dass ich hugenottische Vorfahren hatte, die bereits mit der ersten Welle der Glaubensflüchtlinge aus Frankreich nach Brandenburg kamen. Sie können aber auch feststellen, dass sich meine Familie derart auf die neue Heimat eingelassen hat, dass sie ihr französisches „La Fontaine“ in ein deutsches Fontane umwandelte. Und das, obwohl der berühmteste französische Fabeldichter unseren ursprünglichen Namen trug. Aber soviel ich weiß, war ich der erste in meiner Ahnenreihe, der sich mit Schriftstellerei sein Geld verdiente. Mein Vater war Apotheker, wie ich zunächst auch.
Was ich mit Friedrich dem Großen zu tun habe? Was soll ich dazu sagen? Als literarische Figur war er mir zu fern. Er ist eine geschichtliche Figur und geht uns daher alle an. In meinen Wanderungen habe ich die Stätten seiner Jugendzeit besucht und beschrieben – im Oderland und im Ruppiner Land. Die Katte-Geschichte ist bei mir nachzulesen und die Kronprinzen-Jahre in Rheinsberg. Ich denke, ich habe damit meinen Beitrag geleistet. Denn meine Recherchen dienen heute noch allen möglichen Schreibern als Quelle. Nach dem Motto: Der Fontane hat’s gesagt, also ist es richtig. Ich selbst wäre da vorsichtiger.
Was mit den „Preußen-Liedern“ ist, wollen Sie wissen? Mit diesen Versen hab ich den alten preußischen Haudegen ein Denkmal gesetzt, Friedrich selbst taucht dort nur als Nebenfigur auf. Da sind der Alte Dessauer, der Alte Zieten, Seydlitz, Schwerin, Keith. Mit meinen Gedichten habe ich die Kämpen nicht auf den Sockel gehoben. Im Gegenteil: Sehr menschlich hab ich sie präsentiert. So, wie zur gleichen Zeit der gute Adolf Menzel seine Zeichnungen der Friedrich-Ära angelegt hat. Geschrieben habe ich die Lieder nach der verlorenen 1848er Revolution, als das Nationalgefühl ein tiefes Tal durchlief. Da waren Helden rar und man musste sie im Vergangenen suchen. Und so habe ich dann gedichtet: „Sie kamen nie alleine, der Zieten und der Fritz, der Donner war der eine, der andre war der Blitz.“ 1850 ist das erschienen, in meinem ersten selbstständigen Buch.
Wie haben Sie das herausgefunden, dass ich auch ein Gedicht zur Enthüllungsfeier des Friedrich-Denkmals Unter den Linden in Berlin verfasst habe? Ja, vielleicht war ich da ein bisschen zu „fritzisch gesinnt“, wie ja selbst ein Goethe einst bekannte. Aber bedenken Sie bitte, 1851 hatten wir wirklich traurige Zeiten. Unser König Friedrich Wilhelm IV. war schwach und krank dazu. Da kam man eben auf solche Gedanken: „Blitz’ nur herab von Deiner Wacht, solch Wächter mag uns taugen: Wir brauchen wieder, Tag und Nacht, die Alten-Fritzen-Augen.“
Sie wissen selbst, dass ich später die preußischen Zustände wahrlich nicht glorifiziert habe. Keine Zeile habe ich über das Potsdam des Alten Fritz geschrieben. Ansonsten hätte ich schreiben müssen über den Mief, den die Friedrich-Epoche dort hinterlassen hat. „Das Wesen des Potsdamers, sage ich, besteht in einer unheilvollen Verquickung oder auch Nichtverquickung von Absolutismus, Militarismus und Spießbürgertum.“ Jetzt erkennen Sie ihn doch wieder, Ihren guten alten Fontane!
In Neuruppin mögen sie mich ja. In meinem Geburtshaus ist immer noch eine Apotheke zu finden, und sogar „Fontanestadt“ nennen sie sich. Auch ein Denkmal gibt es. Einen netten Ort haben sie mir ausgesucht: viel Grün drum herum und die Eisenbahn gleich daneben für den Fall, es zieht mich in die Ferne. „Dem Dichter der Mark“ haben sie drangeschrieben. Das klingt sehr nach Heimatdichter. Haben die nie meine Romane gelesen? Wenn es schon ein Denkmal sein muss – wenigstens sitzen darf ich. Ich freue mich jedes Jahr auf meinen Geburtstag am 30. Dezember, denn da kommen immer viele Leute, und manche kenne ich schon seit Jahren.