Friedrich Wilhelm von Derschau (1723 – 1779)
Friedrich und die Butter
Gestatten, Friedrich Wilhelm von Derschau, Wirklicher und Geheimer Etats- und Kriegsrat Seiner Majestät Friedrich II. und Vizepräsident des Kriegs- und Domänendirektoriums. Kurz, ich war so etwas wie ein Wirtschaftsminister und als solcher auch für die Ansiedlung von Kolonisten in der Kurmark zuständig. Am Dossebruch haben die Siedler sogar eine Ortschaft nach mir benannt: Großderschau. Dort werden die Besucher gern mit frischer Butter bewirtet. Daher möchte ich darüber berichten, was der große König für die Butter in Brandenburg getan hat.
Ort der Handlung ist das Havelland. Die Gebiete entlang von Rhin und Dosse waren dereinst ein riesiges, für die Landwirtschaft fast unbrauchbares Auengebiet. Bereits zur Zeit des Großen Kurfürsten, der genau in dieser Gegend, bei Fehrbellin, die wichtigste Schlacht seines Lebens gegen die Schweden gewann, begann die Urbarmachung. Die holländische Ehefrau des Kurfürsten, Luise Henriette von Oranien, siedelte hier Kolonistenfamilien aus ihrer Heimat an. Schließlich hatten die Holländer Erfahrung darin, wasserreiche Gebiete nutzbar zu machen. Und was taten sie? Sie nutzten die feuchten Wiesen als Weiden für ertragreiche Rinder und betrieben eine erfolgreiche Milchwirtschaft. Sie belieferten den Berliner Hof mit Butter und Käse.
Spätere Generationen von Landesherren waren der Meinung, dass das Potenzial an Rhin und Dosse längst nicht ausgeschöpft war, und man begann mit planmäßigen Trockenlegungen. Der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. ließ das Havelländische Luch bändigen und fruchtbare Weiden und Äcker schaffen. Es hieß, nun habe man von einer Kuh soviel an Butter und Käse gehabt, als zuvor von zehn Kühen. Der König befahl die Gründung einer Lehranstalt für Butter- und Käsezubereitung, angesiedelt in Königshorst. Ausgesuchte Bauerntöchter hatten dort unter holländischer Anleitung eine Lehrzeit zu absolvieren. Eine Probe des Könnens jeder Absolventin sollte auf die Tafel des Königs kommen. Wenn sie ihm mundete, gab es einen Brautschatz von 24 Talern. Den Mädchen, die am besten buttern konnten, winkten sogar 100 Taler.
Aber es kam, wie es oft kommt: Nicht jeder gute Anfang hat ein gutes Ende. Den Brautschatz wollten alle, aber gut buttern konnten nur wenige. Am 21. Dezember 1779 beschwerte sich Friedrich der Große: Die Butter aus Königshorst ist nicht so gut wie sie sein sollte. Dem König des drastischen Ausdrucks wird auch noch folgender Satz zugeschrieben: „Wenn sich die Beamten und Lehrmeister mehr um den Busen der Mägde und Bauerntöchter als um das Euter der Kühe kümmern, dann soll sie der Teufel holen.“ Sollte Friedrich das wirklich auf Deutsch gesagt haben, dann gewiss mit viel mehr Fehlern beim Gebrauch der deutschen Sprache.
Das Ergebnis des königlichen Zorns war die Gründung einer „Ordentlichen Akademie des Buttermachens“ im Jahr 1780. Auch diesmal wurden holländische Spezialisten zu Hilfe geholt. In den Jahren davor hatte Friedrich II. durch Rhinluch und Dossebruch weitere Gräben und Kanäle ziehen lassen. Wieder war Neuland entstanden. 1778 waren 25 neue Ortschaften für 1500 Ansiedler gegründet. Unter den Kolonisten, die sich dort ansiedelten, waren viele Holländer. Die Butterherstellung im Havelland florierte. 1786 schrieb ein Zeitzeuge: „Die daselbst erzeugte wohlschmeckende holländische Tischbutter, womit sich besonders ganz Berlin ergötzet, ist … zur Genüge bekannt.“ Eine dieser Ortsgründungen war Großderschau. Hier werden die Traditionen des Butterns bis heute hochgehalten.