Johann Ernst Gotzkowsky (1710 – 1775)
Porzellan für den preußischen Hof
Mein Name ist Johann Ernst Gotzkowsky. Stimmt‘s, jetzt überlegen Sie, wo Sie den Namen schon einmal gehört haben. Ich helfe Ihnen: In Berlin-Moabit gibt es eine nach mir benannte Straße, die direkt auf die Spree zuführt, und dort ist auch noch eine große Brücke nach mir benannt. Na, zumindest haben mich die Berliner nicht vergessen. Aber in bitterster Armut sterben lassen, das haben sie mich. Obwohl ich einmal ihr gefeierter Held und Wohltäter war. Ja, so kann es gehen.
Aber heute wollen wir von schöneren Dingen sprechen. Von edelstem Porzellan zum Beispiel. Unser König Friedrich kannte mich als einen Mann, dem alles gelang, was er nur anpackte. Und ich packte nur das an, was wirklich Gewinn versprach. Die persönlichen Bedürfnisse des Königs, seiner Angehörigen, der allerbesten Berliner Gesellschaft waren es, die mir die Richtung wiesen. Ich handelte mit Luxusgütern und stellte selbst feinste Stoffe her. Auch in den Kunsthandel stieg ich ein. Als Majestät seine Bildergalerie im Park Sanssouci errichten ließ, war ich es, der für die Gemälde sorgte. Ich war wer, das können Sie mir glauben, und alles aus eigener Kraft. Wenn Sie jetzt sagen, ohne meine guten Beziehungen nach oben wäre nichts gelaufen, dann sage ich Ihnen: Kommen Sie erst mal zu guten Beziehungen und halten Sie sie lange am Leben. Das ist eine Herkules-Aufgabe!
Der Siebenjährige Krieg war mein Schicksal. Ich besaß das Vertrauen des Königs und unterhielt gleichzeitig Verbindungen zur Gegenseite, zu Russen und Sachsen. Kriegsfeinde. Als die Russen im Oktober 1760 für eineinhalb Wochen Berlin besetzten, war ich es, der unter Lebensgefahr die Verhandlungen führte, der die russischen Offiziere bestach, das Geld für die Kontribution auftrieb und letztlich die Berliner vor Plünderungen bewahrte.
Nur vier Wochen nach diesem Abenteuer empfing mich unser König auf der Albrechtsburg zu Meißen, wo er sein Hauptquartier eingerichtet hatte. Er hatte um sich herum einige Porzellan-Figuren aufgestellt und sagte, dass er sich nach dem Krieg in Preußen ebenfalls eine Fabrik wünscht, die dergleichen Schönheit herzustellen vermag. Sein Wunsch war mir Befehl, denn einerseits gab es mit dem König bereits einen zahlungskräftigen Kunden, und andererseits Bestand die Möglichkeit, Fachkräfte aus Meißen nach Berlin abzuwerben.
Dennoch gestaltete sich das Vorhaben extrem schwierig. Die Meißner Arkanisten – also jene Geheimnisträger, die die genaue Materialzusammensetzung kannten – befanden sich unerreichbar außer Landes. Auch Porzellanmaler waren rar. Aber zum Glück gab es hier und da Leute, die sich bereits mit der Porzellanherstellung befassten. Die musste ich nur für mein Vorhaben begeistern. Mit ausreichend Geld gelang das. Dort, wo heute am Ende der Leipziger Straße der Bundesrat sein Gebäude hat, baute ich die Berliner Porzellanmanufaktur. Fast 150 Beschäftigte hatten wir dort.
Das Vorhaben erwies sich allerdings als ein finanzielles Fass ohne Boden. Die Aufbereitung des Materials, die Brennöfen, die Farben – Sie glauben nicht, was da alles stimmen muss, damit ein erstklassiges Porzellan entsteht. Wir haben es geschafft! Und das mitten im Krieg, in Zeiten bitterster Not. Wir hatten die Fabrik und das Porzellan, aber niemand hatte das Geld, unsere Produkte zu kaufen. Auch der König zeigte sich zurückhaltend. Mir gingen mehr und mehr die Mittel aus. Kaum war der Krieg zu Ende, kam die nächste Katastrophe: ein allgemeiner Bankenkrach. Ich verlor mein gesamtes Vermögen und sah mich gezwungen, die Porzellanfabrik zu verkaufen. Zum Glück zeigte der König Interesse. Wir setzten einen Vertrag auf, am 10. September 1763 gingen alle entscheidenden Unterlagen an den Hof und bereits einen Tag später kamen Majestät in die Leipziger Straße, um seine Erwerbung zu visitieren: die Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin. Ich selbst versuchte mich noch als Porzellan-Händler. Aber – wie ich bereits schilderte – ohne Erfolg.