Johann Valentin Pfannstiel (1719 – 1781)
Die Fontänen sollen sprudeln
Darf ich mich vorstellen? Johann Valentin Pfannstiel. Ich gelangte an den König durch dessen Geheimen Kämmerer, den Herrn Fredersdorf. Das war 1754, nachdem am unseligen Karfreitag jenes Jahres die Fontänen im Park von Sanssouci sprudeln sollten, aber nach wenigen Minuten ihren Dienst quittierten. Denn das Bassin, das noch der große Knobelsdorff auf dem Hainberg anlegen ließ, war leergelaufen. Es fehlte an flüssigem Nachschub.
Und wer hatte sich nicht am ununterbrochenen Wasserlauf versucht! Zunächst 1752 die Holländer, die eine Kunstmühle errichteten, wie sie an der Nordsee zu Tausenden in der Landschaft stehen und Wasser schöpfen. Als sich ihr Versagen zeigte, ließ der König ein Eselspaar an die Mühle malen und titelte das Bild: Hollandse Fontaenen-Maaker. Nach den Holländern kam 1753 der Brunnenmacher Osten aus Hamburg und ließ für 12.000 Taler eiserne und bleierne Rohre legen. Aber er hatte keine Idee, wie das Wasser den Berg hinaufströmen sollte. Also musste er gehen. Im Oktober des gleichen Jahres kam ein Herr George, der in Kassel durchaus taugliche Feuerspritzen konstruiert hatte. Wasser auf den Berg zu bringen, überforderte allerdings auch seine Kräfte.
Das Jahr 1754 begann damit, dass man eine zweite Kunstmühle errichtete. Dann kam es zu jenem Karfreitag, an dem die Fontänen tatsächlich für eine dreiviertel Stunde sprudelten. Das hatte aber nichts mit den Kunstmühlen zu tun. Schuld war der schneereiche Winter und das regenreiche Frühjahr, die das Bassin gut gefüllt hatten. George wurde jedenfalls in Schimpf und Schande entlassen. Wenig später traf besagter Michael Gabriel Fredersdorf auf mich. Als ich von der Not des Königs hinsichtlich der Versorgung der Parkfontänen mit Wasser hörte, bot ich mich als Wasserkunstdirektor in den königlichen Gärten an. Geschwind hatte ich Pläne erstellt, die ich Fredersdorf überreichte. Mit meinem Einverständnis zeigte er die Pläne dem Bauinspektor Manger, allerdings erst, nachdem sie der König selbst genehmigt hatte. So konnte Manger denken was er wollte… Der Plan meines Projektes war bestechend einfach. Mir genügte eine Kunstmühle, um das Wasser nach oben zu treiben. Allerdings musste man dem Wasser den Aufstieg erleichtern. Wie? Ganz einfach: Indem man es in einem Gefälle über die Hälfte des Weges nach unten schießen lässt und den so entstehenden Druck nutzt, um es wieder nach oben zu stoßen. Natürlich gab es Ignoranten, die meinten, gegen meine Idee mit mathematischen Formeln angehen zu müssen. In aller Öffentlichkeit habe ich sie zur Rede gestellt.
So gewann ich das Vertrauen des Königs, der sogar einwilligte, dass er in Sachen Fontänen keinen anderen zurate zog und dass niemand mein Projekt tadeln dürfe. Ich erhielt das Recht, ganz nach meinem Gutdünken Werkmeister und Gehilfen anzustellen und zu entlassen. Fredersdorf versprach, monatlich die notwendige Summe Geld zur Verfügung zu stellen, und ich konnte im November 1754 mit meinen Helfern das Werk beginnen. Zunächst ließ ich die alten Röhren durch neue ersetzen. Dort, wo sie aus der Erde herausragten, wurden sie geschliffen und poliert, damit sie in der Sonne glänzen und ein gutes Zeugnis über meine Arbeit ablegen. Die Kunstmühle selbst versah ich mit einem Vorbau, der von zwei toskanischen Säulen getragen wurde. Bis zum Sommer 1756 gingen meine Arbeiten trefflich voran. Als 12.000 Taler verbaut waren, hieß es plötzlich, der vom König für das Projekt vorgesehene Etat sei erschöpft. Und er zog in den Krieg. Was blieb mir anderes übrig, als die verbauten Materialien, so gut es nur ging, zu verkaufen. Aber das Jahr 1759 überlebte ich nicht.
Übrigens: Die Fontänen ohne Wasser blieben für Friedrich den Großen bis zu seinem Tod eine offene Wunde. Er hatte viel Geld verpulvert und war auf Scharlatane hereingefallen. Erst 1842 gelang es mit Hilfe einer Dampfmaschine, so viel Wasser in den Park von Sanssouci zu pumpten, dass die große Fontäne bis auf 38 Meter aufsteigt.